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Der Preismechanismus und seine Grenzen

Preise widerspiegeln bekanntlich Informationen über Angebot und Nachfrage. Dadurch kommt ihnen eine wichtige Funktion in der Koordination von Produktions- und Konsumplänen zu. Hohe Preise signalisieren, dass ein Gut knapp ist. Dies beeinflusst die Anreize der Marktteilnehmer: Die Produzenten erhöhen ihre Produktionsmenge, während die Konsumenten ihre Nachfrage reduzieren. Preise sorgen also dafür, dass sich Angebot und Nachfrage ausgleichen.

Die beschriebene Lenkungsfunktion des Preismechanismus funktioniert allerdings nur, wenn sich die Preise frei im Wettbewerb bilden können.

06.04.2020, von Melanie Häner

Expertisefelder Regulierung, Wettbewerbsökonomik

Preismechanismus in Zeiten von Corona

Der Preismechanismus und dessen staatliche Regulierung werden auch im Zuge der Corona-Krise diskutiert. Ist das Angebot eines Gutes kurzfristig unveränderbar und schnellt die Nachfrage – aufgrund von Hamsterkäufen oder eines weltweit stark erhöhten Bedarfs an Medizinprodukten – in die Höhe, kann es zu starken Preisanstiegen kommen. Bilder von astronomischen Preisen für Desinfektionsmittel und Toilettenpapier kursierten in den vergangen Wochen in den sozialen Medien. Plattformanbieter wie Amazon reagierten, indem sie Verkäufer, welche solch hohe Preisforderungen aufgrund der Corona-Krise stellten, den Zugang zu ihrer Plattform verwehrten.

Zudem konnte auch die funktionierende Lenkungsfunktion des Preises beobachtet werden. Die hohen Preise führten dazu, dass die Anbieter die Produktionsmengen ausdehnten. So begannen etwa Schweizer Apotheken selbst Desinfektionsgel herzustellen und eine englische Fernseher Fabrik wurde kurzerhand zum Produktionsstandort für Gesichtsmasken umfunktioniert.

In den vergangenen Wochen wurde aber weltweit vermehrt die Forderung laut, dass staatlich in den Preisbildungsmechanismus eingegriffen werden müsse, um die Konsumenten zu schützen und die Versorgung mit lebensnotwendigen Gütern sicherzustellen.

Eingriff der (Wettbewerbs-)behörden?

Die englische Wettbewerbsbehörde CMA äusserte sich bereits anfangs März zur Gefahr von Wucherpreisen. Sie teilte auf ihrer Webseite mit, dass die Händler die derzeitige Situation nicht ausnutzen dürften. So werde sie in dieser Krisenzeit vermehrt prüfen, ob überhöhte Preise gesetzt würden. Aber ist dies wirklich eine Frage, mit der sich die Wettbewerbsbehörden befassen sollten?

In der Schweiz ist dies nicht primär die Aufgabe der Wettbewerbskommission (WEKO). Kartellrechtliche Interventionsmöglichkeiten bestehen nämlich erst, wenn ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung oder eine illegale Absprache, z.B. bezüglich Preisen, Mengen oder Gebieten, vorliegt. Dies stellte die Wettbewerbskommission (WEKO) denn auch kürzlich in ihrer Medienmitteilung klar. Ihr Auftrag ist es, dafür zu sorgen, dass der wettbewerbliche Rahmen für eine funktionierende Preisbildung gegeben ist. Auch der Preisüberwacher ist nur dort für eine Preisbeurteilung zuständig, wo sich die Preise nicht im freien Wettbewerb gebildet haben. Bei den kürzlich erhaltenen zahlreichen Konsumentenmeldungen zu vermeintlich ungerechtfertigt hohen Preisen für Desinfektionsmittel und Schutzmasken versucht er zwar zu vermitteln. Direkt intervenieren könne er aber nicht und gesetzlich verboten seien diese hohe Preise nicht, teilte Stefan Meierhans am 4. April in einem Interview mit.

Sofern dies politisch gewünscht ist, gibt es aber durchaus Möglichkeiten für staatliche Eingriffe in die Preisbildung ausserhalb des Kartellgesetzes. Beispiele hierfür sind die Miet- und Milchpreisregulierung, die spezialgesetzlich geregelt werden. Es gilt jedoch zu beachten, dass durch solche staatlichen Eingriffe in den Preisbildungsmechanismus immer auch die Signal- und Lenkungsfunktion des Preises aufgegeben wird. Preise haben schliesslich die wichtige Funktion, auf Knappheiten hinzuweisen und Anreize zu deren Beseitigung zu setzen. Es muss deshalb immer auch die Frage gestellt werden, ob der Staat tatsächlich in der Lage ist, einen «besseren» Allokationsmechanismus als der Markt bereitzustellen.

Unter den möglichen wirtschaftspolitischen Instrumenten in Zeiten der Corona-Krise ist somit insbesondere der Eingriff in die Preisbildung mit erheblichen Risiken verbunden. Dadurch könnten die falschen Signale an Produzenten und Konsumenten gesendet werden. Es ist somit wichtig, in erster Linie mit allen Mitteln die Angebotsknappheit zu reduzieren. Ein Eingriff in den Preismechanismus könnte dem im schlimmsten Fall gerade entgegenwirken.

 

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