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Bemessung von Covid-19 Schäden für Unternehmen und Betriebe

Bereits heute ist klar: die wirtschaftlichen Schäden von Covid-19 werden ein riesiges Ausmass annehmen. Die Umsatzeinbrüche fallen teils so massiv aus, dass in gewissen Branchen auch führende Unternehmen um ihr Überleben fürchten müssen. Besonders trifft es Industrien, die Menschen miteinander in Kontakt bringen. Viele der betroffenen Unternehmen, insbesondere aus der Reisebranche, Unterhaltungsindustrie und Gastronomie, werden die entstandenen Schäden nicht allein stemmen können. Bereits hat die Politik die Möglichkeiten zur Kurzarbeit ausgedehnt und umfangreiche Liquiditätshilfen bereitgestellt. Viele Firmen werden jedoch zusätzlich auf Kulanz seitens Zulieferer oder Vertragspartner angewiesen sein.

Leere Bahnhofshalle

20.03.2020, von Tobias Binz

Expertisefelder Schadenersatz

Damit Firmen abschätzen können, wie hoch der ihnen entstandene Schaden ausfällt, sollten sie die ökonomischen Grundzüge der Schadensquantifizierung kennen. Grundlage bildet in der Regel ein kontrafaktisches Referenzszenario, das beschreibt, wie die Unternehmensgewinne ohne den Schadenstreiber (also ohne den durch Covid-19 bedingten Geschäftsrückgang) ausgefallen wären. Über den Vergleich des kontrafaktischen mit dem tatsächlichen Ergebnis kann der Schaden ermittelt werden.

Bei der Herleitung des sogenannten "But For"-Szenarios sollten jedoch einige klassische Fallstricke vermieden werden.

Mengenverluste können kaum vollständig über Kosteneinsparungen kompensiert werden

Mengen- bzw. Umsatzverluste schmäleren den Gewinn substanziell, da i.d.R. nicht Kosten im gleichen Umfang reduziert werden können. Ein klares Verständnis der Kostenstruktur ist bei der Schadensschätzung deshalb zentral. Investitionskosten und fixe Kosten wie Mieten oder Löhne fallen auch bei ausbleibenden Umsätzen an. Variable Kosten hingegen, beispielsweise für Material oder Betriebsmittel, werden unter Umständen durch den Absatzeinbruch reduziert. Je nach Ausgestaltung der angewandten Methodik zur Schadensbestimmung muss die Schadenssumme entsprechend verringert werden.

Ob und welche Kosten vermieden werden, hängt von der spezifischen Situation ab und kann nicht direkt aus der Kostenrechnung abgeleitet werden. Ein relevanter Faktor kann beispielsweise die Länge des Zeitraums zwischen Bekanntwerden und Eintreten eines Nachfrageeinbruchs darstellen. So wird die Schadenshöhe für den Veranstalter eines Grossanlasses davon abhängen, in welcher Planungsphase die Absage des Anlasses beschlossen werden musste. Bei ausreichender Vorlaufzeit können z.B. Kosten für Security, Catering oder andere Zulieferer vermieden werden.

Aufgeschoben ist nicht immer aufgehoben

Die Art der vom Mengenausfall betroffenen Güter kann ebenfalls einen Rückschluss auf die Schadenshöhe ermöglichen. Von Relevanz ist beispielsweise der Unterschied zwischen haltbaren ("durable") und nicht-haltbaren ("non-durable") Gütern. Bei letzteren handelt es sich um Güter, die dem Konsumenten einen momentanen Nutzen stiften, etwa verderbliche Lebensmittel, Restaurantbesuche, Sport- und Kulturveranstaltungen. Umsatzeinbrüche bei Gütern dieser Art werden nach Abklingen der Krise mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht oder nur zu einem Teil kompensiert werden können. Bei haltbaren Gütern hingegen handelt es sich um Autos, Möbel, Haushaltsgeräte, etc. Die Kaufentscheide von Konsumenten reagieren für diese Güter typischerweise relativ sensitiv auf Veränderungen der Wirtschaftslage. Dies bedeutet, dass der momentan beobachtbare Absatzeinbruch zum Teil nach der Krise wieder kompensiert werden kann. Viele Konsumenten, die in der momentan unsicheren Lage auf gewisse Anschaffungen verzichten, werden diese vermutlich nachholen, wenn die Konjunkturaussichten sich wieder verbessern.

Auch Margenreduktionen sollten sich in der Schadensbestimmung reflektieren

Viele Firmen versuchen, die drohenden Mengenausfälle über Anpassungen des Angebots abzufedern. Restaurants bieten vermehrt Take-Away und Heimlieferungen an. Läden versuchen online, alternative Absatzkanäle zu etablieren. Überall werden Produkte mit stark rabattierten Preisen angeboten. Firmen nehmen dabei in der Regel eine Margenreduktion in Kauf, um ihre Produkte gegenüber den Konsumenten attraktiver (bzw. überhaupt zugänglich) zu machen. Eine zu einfache Methodik zur Schadensbestimmung - zum Beispiel einzig basierend auf Mengenveränderungen - resultiert somit leicht in einer Unterschätzung des tatsächlichen Schadens.

Bestehende Instrumente decken die entstandenen Schäden höchstens teilweise

Der Bundesrat hat der Bevölkerung und Unternehmen am 20. März finanzielle Mittel in der Höhe von insgesamt rund CHF 42 Milliarden für Liquiditätshilfen, Erwerbsausfallentschädigungen für Selbständige und Eltern sowie Kurzarbeit angekündigt. Von diesen Mitteln kompensiert einzig die Kurzarbeit entstandene Schäden von Unternehmen und Betrieben. Wie das diesbezügliche Anmeldeformular des Amts für Wirtschaft und Arbeit (AWA) des Kantons Zürich zeigt, werden die Lohnkosten für Anteile der fix eingestellten Belegschaft, die nicht mehr ausgelastet werden können, übernommen. Entgangene Umsatzerlöse sowie weiterhin anfallende Fixkosten werden den Unternehmen nicht entschädigt. Insofern wird die eigentliche Schadensfrage erst noch beantwortet werden müssen. Für Unternehmen empfiehlt sich eine vorsorgliche Dokumentation der erlittenen Schäden.

 

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