Die Nutzung der SwissCovid App mit #Gamification fördern
In früheren Blogeinträgen haben wir uns bereits mit verschiedenen Themen zur Coronakrise und Verhaltensökonomik beschäftigt. In diesem Beitrag geht es um die SwissCovid App und wie deren Nutzung mit #Gamification gefördert werden könnte.
09.11.2020, Ann-Kathrin Crede
SwissCovid App als Unterstützung beim Contact Tracing
Trotz rasant steigender Fallzahlen beinhaltet die derzeitige Strategie des Bundesrates zur Eindämmung des Coronavirus nach wie vor das Contact Tracing, bei dem enge Kontakte von mit dem Coronavirus infizierten Personen ausfindig gemacht werden, um Infektionsketten zu stoppen. Um die Contact-Tracing-Arbeit der Kantone zu unterstützen, wurde im Juni die SwissCovid App lanciert. Laut dem Bund gibt es in der Schweiz rund 6,4 Mio. Handys, die mit der App kompatibel sind. Derzeit gibt es aber nur rund 1,8 Mio. aktive Apps, in den letzten Tagen ist die Anzahl Nutzer sogar leicht zurückgegangen. Eine flächendeckende Verbreitung der App ist folglich ausgeblieben, was ihre Wirksamkeit und damit auch die Contact-Tracing-Arbeit der Kantone insgesamt einschränkt. Gerade jetzt, wo die Kantone bei der Zurückverfolgung von Infektionsketten zunehmend an ihre Grenzen stossen, könnte eine Ausweitung der App-Nutzung einen Beitrag leisten.
Ähnliche Situation in anderen Ländern
Auch in anderen Ländern wurden Apps zur Nachverfolgung von Infektionsketten lanciert. Die Bilanz fällt ähnlich aus: In Deutschland wurde die Corona-Warn-App etwa 21,1 Mio. mal heruntergeladen (bei rund 83 Mio. Einwohnern), die Stopp-Corona-App aus Österreich etwa 1,1 Mio. mal (bei rund 8,9 Mio. Einwohnern), und immuni aus Italien etwa 9,5 Mio. mal (bei rund 60,4 Mio. Einwohnern). Hinzu kommt, dass die Anzahl aktiver Nutzer kleiner ausfällt als die Anzahl Downloads. Die Gründe für die Nicht-Nutzung der App können vielfältiger Natur sein. So könnten Leute etwa an der Wirksamkeit zweifeln, Datenschutzbedenken haben, sich einer möglichen Quarantäne entziehen wollen oder sich generell verweigern.
Kann Gamification helfen?
Gamification bezeichnet die Nutzung von Spielelementen in einem Nicht-Spiel-Kontext, um ein gewünschtes Verhalten herbeizuführen (Deterding 2012). Dafür können etwa Punkte, Ranglisten oder Auszeichnungen eingesetzt werden, die eine bestimmte Handlung oder ein erzieltes Ergebnis honorieren. Dabei wird ausgenutzt, dass unser Verhalten auch vom Verhalten anderer, von Feedback oder Referenzpunkten beeinflusst wird. Studien zeigen, dass mit Gamification positive Effekte erzielt werden können (Hamari et al. 2014). So kann etwa das Lernverhalten auf Online-Plattformen, Stromsparen oder der Konsum gesunder Lebensmittel durch spielerische Elemente gefördert werden (Denny 2013, Allcott 2011, Jones et al. 2014).
Vorbild Bike To Work
Ein aktuelles Beispiel für den Einsatz von Gamification ist Bike To Work – eine schweizweite Aktion zur Gesundheitsförderung in Unternehmen, bei der Mitarbeitende innerhalb eines definierten Zeitraums an möglichst vielen Tagen den Arbeitsweg mit dem Velo zurücklegen sollen. In der dazugehörigen App werden gezielt Gamification-Elemente eingesetzt: So werden Einzelpersonen und Teams in Ranglisten miteinander verglichen, Auszeichnungen für erreichte Ziele verliehen («Maillot-Jaune» oder «Kilometer Rowdy») sowie Statistiken zu gefahrenen Kilometern und eingespartem CO2 geführt. Wer selbst an der diesjährigen Bike To Work-Challenge teilgenommen hat, hat es womöglich ebenso empfunden: Die App macht Spass.
Und die SwissCovid App?
Sie könnte auch mehr Spass machen, indem sie um spielerische Elemente erweitert wird. Nutzer könnten Bonuspunkte erhalten (z.B. Download der App: einmalig 10 Punkte, App ist aktiv: täglich 1 Punkt). Ausserdem könnte man Nutzern verschiedene Auszeichnungen verleihen (z.B. Homeoffice-Champion: für regelmässiges Arbeiten von zu Hause, Flatten-the-Curve-Hero: für Teilen der App mit Anderen). Oder es könnten Challenges formuliert werden, deren Erreichen mit dem Aufstieg in eine höhere Liga belohnt werden (z.B. während einer Woche Freunde nur draussen treffen: Aufstieg von Beginner zu Advanced, maximal zweimal pro Woche einkaufen gehen: Aufstieg zu Expert). Der Kreativität sollten an dieser Stelle keine Grenzen gesetzt sein – selbstverständlich ohne den Datenschutz dabei ausser Acht zu lassen. So wäre es insgesamt wünschenswert, dass wir an die Existenz der SwissCovid App nicht nur dann erinnert werden, wenn das Virus-Symbol aufpoppt, weil die App aktualisiert wurde oder das Bluetooth deaktiviert ist, sondern etwa weil wir unseren aktuellen Punktestand überprüfen wollen.
Quellen:
- Allcott, H. (2011). Social norms and energy conservation. Journal of Public Economics, 95(9-10), 1082-1095.
- Denny, P. (2013, April). The effect of virtual achievements on student engagement. In Proceedings of the SIGCHI conference on human factors in computing systems (pp. 763-772). ACM.
- Deterding, S. (2012). Gamification: designing for motivation. interactions, 19(4), 14-17.
- Hamari, J., Koivisto, J., & Sarsa, H. (2014, January). Does gamification work? A literature review of empirical studies on gamification. In 2014 47th Hawaii international conference on system sciences (HICSS) (pp. 3025-3034). IEEE.
- Jones, B. A., Madden, G. J., Wengreen, H. J., Aguilar, S. S., & Desjardins, E. A. (2014). Gamification of dietary decision-making in an elementary-school cafeteria. PLoS One, 9(4), e93872.